Wissenschaft und Forschung

Reutlingen

Auf den Spuren des Großstadt-Bibers

Lange Zeit war der Biber in Baden-Württemberg ausgerottet - nun kommt er immer mehr zurück - im Lautertal sowie in Bad Urach gibt es bereits welche. Ein neuer Biber hat sich jetzt im Schlattsee im Markwasen Reutlingen niedergelassen - dort wartet er vermutlich auf einen passenden Partner. Was der neue Bewohner im Markwasen für die Umwelt bedeutet, erklärte unter anderem der ehrenamtliche Biberberater Albrecht Gorthner vor Ort.

Gesehen hat er ihn noch nie. Diplom-Biologe Albrecht Gorthner ist ehrenamtlicher Biberberater und sieht sich als Vermittler zwischen Biber, Bürgern und Stadt. Da Biber nachtaktiv sind und nur kurz aus ihrem gut versteckten Bau herauskommen, kann Albrecht Gorthner nur anhand der Spuren des Bibers erahnen, um was für einen Biber es sich handelt. Er vermutet, dass sich hier ein jüngeres, etwa dreijähriges Tier niedergelassen hat. Seit drei Monaten seien Spuren bekannt, erklärt Gorthner, aber im Sommer sei der Biber eher heimlich unterwegs, da fresse er nur Kraut, dass falle nicht so auf, erklärt der Biberberater. Mittlerweile gibt es auch einen Videobeweis: mit einer Wildtierkamera konnte Fotograf Frederik Herzic putzige Aufnahmen des Bibers machen.

Der Biber hat einen kleinen Damm gebaut und den See bereits um 30 Zentimeter angestaut. So kann er im Wasser Holz besser hin und her transportieren. Im Winter ernährt sich der Biber von Baumrinde, dabei bevorzugt er die Weide. Er habe sich wohl etwas verzettelt, scherzt Gorthner, denn der Biber hat gleich sechs Bäume rund um den See angeknabbert, bisher aber nur einen gefällt.

Die Stadt Reutlingen ist für die Verkehrssicherheit im Markwasen zuständig. Ein eigens dafür abbestellter Mitarbeiter kontrolliert nun einmal wöchentlich, was der Biber vor Ort umgestaltet hat. Worst-Case-Szenario für Katrin Reichenecker vom Amt für Tiefbau, Grünflächen und Umwelt der Stadt Reutlingen: „Ein Baum fällt um und trifft einen Menschen und es kommt zu Verletzungen. Das wäre das Allerschlimmste. Eine andere Sache die natürlich auch nicht schön wäre, wenn es zu einer Überschwemmung käme und die Landesstraße unterspült würde oder sich das anstauen würde und sie überspült würde", so Reichenecker.

Eine echte Gefahr bestünde momentan aber nicht. Außer eine Brücke, die jetzt durch den höheren Wasserpegel wasserfest gemacht werden muss, hat der Biber noch keine Probleme gemacht. Im Gegenteil.

„Er schafft neue Lebensräume. Er überflutet Flächen, die trockengefallen waren, die in früheren Zeiten, dass sieht man auf alten Luftbildern, waren hier viel mehr feuchte Flächen und auch richtige Tümpel und Seen. Die sind trockengefallen in den letzten Jahrzehnten, die werden jetzt wieder neu überflutet, dadurch dass der Biber das Gewässer anstaut und der Wasserspiegel steigt. Und dann lichtet er das Ufer natürlich auch deutlich aus. Er sorgt dafür, dass große Bäume fallen, dadurch wird es lichter am Ufer und andere Tier- und Pflanzenarten können sich ansiedeln", erklärt Katrin Reichenecker.

Vermutet wird, dass der Biber über den Neckar und die Echaz in den Markwasen gekommen ist. Besucher können den Markwasen natürlich weiterhin als Naherholungsort nutzen. Den streng geschützten Biber wird zwar wohl eher niemand sehen – die Spuren des Bibers sind aber durchaus auch schon eine echte Attraktion.

(Freitag, 10.12.21 - 19:54 Uhr   -   9886 mal angesehen)

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