Wissenschaft und Forschung

Tübingen

Tübinger Forscher finden riesige Blasen in unserer Milchstraße

Mit Röntgenstrahlen bekommt ein Mediziner nicht nur einen Einblick in unseren Körper, sondern ein Astrophysiker auch einen Blick in unbekannte Felder.So haben deutsche Forscher mit Hilfe des Röntgenteleskops „eRosita“ gewaltige Blasen in ober- und unterhalb unserer Milchstrasse entdeckt.

Mit Röntgenstrahlen bekommt ein Mediziner nicht nur einen Einblick in unseren Körper, sondern ein Astrophysiker auch einen Blick in unbekannte Felder.So haben deutsche Forscher mit Hilfe des Röntgenteleskops „eRosita" gewaltige Blasen in ober- und unterhalb unserer Milchstrasse entdeckt, die mit normalen Teleskopen nicht sichtbar sind. Bisher dachten die Wissenschaftler, dass es sich um Überreste einer Supernova gehandelt haben könnte. Nun könnte es sich um Überreste einer gewaltigen Schockwelle, die vor einigen Millionen Jahren Energie aus dem Galaxiezentrum in die Gashülle der Milchstraße geschleudert hat. An diesem deutsch-russischen Projekt sind neben Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für extraterrestische Physik in Garching unter anderem auch Astrophysiker des Tübinger Instituts für Astronomie und Astrophysik beteiligt.

Am 13. Juli 2019 startete an Bord einer Proton-Rakete der Forschungssatellit vom russischen Weltraumbahnhof Baikanour aus ins Weltall. Das deutsche Röntgenteleskop ist der Nachfolger vom Röntgenobservatorium „ROSAT", welches in den Jahren 1990 und 1999 den Himmel beobachtete. Das aktuelle Teleskop besitzt eine weit größere Auflösung und kann so noch schärfere Bilder liefern. Der Vorteil eines Röntgensatelliten ist, dass die hochenergetischen Strahlen Strukturen einfangen, die im visuellen Bereich nicht sichtbar sind. Die Forscher haben jetzt großräumige Strukturen aus heißem Gas entdeckt, die in ihrer Form einer Sanduhr gleichen. Ihrer Meinung nach könnten die Strukturen von gewaltigen energiereichen Ausbrüchen aus früheren Zeiten im Innern unserer Milchstraße stammen.

Dr. Victor Doroshenko, Universität Tübingen: "Es geht hierbei um riesige Blasen, die sind zum ersten mal im Röntgenbereich entdeckt worden – es sind Geschwister von den sogenannten Fermi-Blasen. Die sind etwas kleiner und im höheren energetischen Bereich und sind seit einem Jahrzehnt bekannt. Und jetzt haben wir den vollen Umfang für dieses Phänomen und wir glauben, dass diese Blasen miteinanderverbunden sind und denselben Ursprung haben."

Die Blasen finden sich ober- und unterhalb unserer Milchstraße und so würde das Phänomen aussehen, könnten unsere Augen das Röntgenspektrum sehen.

Die Gründe für dieses Phänomen könnten intensive Phasen der Sternenentstehungen sein oder aber durch den Ausbruch eines schwarzen Lochs im Galaxienzentrum. Auch wenn das schwarze Loch in unserer Milchstraße derzeit relativ ruhig ist, könnte es in der Vergangenheit aktiver gewesen sein. Diese These ist aber nicht hundertprozentig bewiesen. Die neuesten Erkenntnisse könnten möglicherweise Licht ins Dunkeln bringen.

Dr. Victor Doroshenko, Universität Tübingen: "Es gibt den Austausch zwischen intergalaktischen Materie und den Galaxien und sie beinflussen einander, aber es gab bis jetzt nicht ausreichend Beweise. Wir werden im Detail untersuchen, welche Spektrallienien gibt es, welche Gase es sind, welche Temperatur sie haben und wo genau welche Teile von dieser Struktur sin."

Um diese Ergebnisse zu erhalten, ist eine Menge technisches Know-how beim Bau eines Teleskops zu beachten. Insgesamt hat es fast 20 Jahre gedauert von der Planung bis zur Fertigstellung. Hier sieht man beispielsweise den Bestandteil eines der Teleskopmodule. Das Teleskop "eRosita" ist etwa so groß wie ein VW-Bus.

Dr. Christoph Tenzer, Universität Tübingen: "Es besteht aus sieben einzeln Teleskopen, die in einem Instrument zusammengebunden sind. Das besondere an eRosita ist, dass es den ganzen Himmel abscannt, d.h. es beobachtet nicht einzelne Richtungen wie andere Teleskope. Man beobachtet also nicht einzelne Bereiche, wie die meisten Röntgenteleskope ab. Im Vergleich zu ähnlichen Missionen und Zielen, ist es besser hinsichtlich Sensibilität und einem größeren Energiebereich. So hat man ganz neue Quellen entdeckt, mit denen keiner gerechnet hat."

Bis 2026 wird "eRosita" den kompletten Himmel im Röntgenlicht durchmustern und dabei wird eine äußerst reichhaltige Datensammlung von mehreren Millionen Röntgenquellen entstehen.

(Donnerstag, 29.04.21 - 08:04 Uhr   -   4541 mal angesehen)

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