Wissenschaft und Forschung

Datenverkehr

Wie lange hält das Internet Corona noch aus?

Online-Lehre, Homeoffice, das Video-Telefonat mit Verwandten: Ein internationales Forschungsteam untersucht erstmals die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Internet-Infrastruktur in mehreren Ländern - und kommt zu beruhigenden Ergebnissen.
Glasfaser-Anschluss

Ohne Internet geht nichts mehr, vor allem in Corona-Zeiten. Doch was passiert mit dem „Netz der Netze", wenn plötzlich die ganze Welt fast gleichzeitig ihr Verhalten ändert? Wenn Dienste, die bislang nur spärlich genutzt wurden, auf einmal eine um Größenordnungen höhere Nachfrage erfahren? Es liegt nahe, dass von Anfang an die Befürchtung im Raum stand, diese immense Belastung würde nicht ohne massive Störungen und Ausfälle bleiben. Doch wie die nun vorliegende Studie zeigt: Die Internet-Infrastruktur – Glasfasern, Unterseekabel, Satellitenstrecken und vor allem die zahllosen Knotenpunkte zwischen den Verbindungen – ist im Allgemeinen robust und anpassungsfähig genug, um der Pandemie zu trotzen. Auch im Falle eines erneuten „harten" Lockdowns.

„Nur das Internet hat es uns ermöglicht unser Leben während der Pandemie so fortzuführen – das Internet und Corona sind eine Erfolgsgeschichte" sagt Prof. Oliver Hohlfeld von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus–Senftenberg.

Die Verkehrsmuster im Internet wachsen und verändern sich ständig. Doch die Geschwindigkeit, mit der dies im Frühjahr 2020 durch die Lockdown-Maßnahmen geschah, ist beispiellos. Was bedeutete dies also für das Internet, und wie kamen die Netzwerke mit der starken Zunahme des Datenverkehrs zurecht? Grund genug für eine wissenschaftliche Studie, durchgeführt von einem internationalen Team von Forschern der BENOCS GmbH, der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, des IMDEA Networks Instituts in Madrid, des Max-Planck-Instituts für Informatik, des weltweit größten Internetknotenpunkts DE-CIX und der Universidad Carlos III de Madrid. Sie untersuchte die Auswirkungen der Corona Pandemie auf das Internet in mehreren Ländern und kam zu zwei wichtigen Erkenntnissen: Ja, es gab immense Veränderungen hinsichtlich des Datenverkehrs; aber auch: Das Internet kam damit erstaunlich gut zurecht.

Den Wissenschaftlern ist es erstmals gelungen, in mehreren Ländern zu beobachten, dass sich die Lockdown-Maßnahmen – wie erwartet – auch auf den Internetverkehr auswirken. Zum einen verändert sich die Zusammensetzung des Datenverkehrs grundlegend: Videokonferenzdienste oder Zugänge zur Heimarbeit (VPNs) sehen ein deutliches Verkehrswachstum. Auch die Nutzungszeiten ändern sich: während die Hauptnutzungszeit vor der Pandemie unter der Woche in den Abendstunden lag, beinhaltet die Hauptnutzungszeit nun auch den Arbeitszeitbereich tagsüber. Insofern ähnelt die Netzauslastung an den Wochentagen jetzt erstmals denen am Wochenende: der Unterschied zwischen Wochentag und Wochenende im Internet verschwimmt. Überdies beobachten die Forscher eine generelle Zunahme des Datenverkehrs um 15-30 Prozent in nur wenigen Tagen.

Dies ist beachtlich, da Netzbetreiber so etwas üblicherweise innerhalb eines ganzen Jahres erwarten. Die Eingangsfrage, wie gut die Internet-Infrastruktur mit einer kurzfristigen und starken Veränderung des Datenverkehrs umgehen kann, ist also durchaus berechtigt.

Die Studie zeigt jedoch auch, dass die meisten betrachteten Netze mit der Corona Pandemie erstaunlich gut zurechtkommen und robust sind. Dies liegt daran, wie gut die Netzbetreiber ihre Netze ausbauen und wie wir diese nutzen. Zum einen finden die Nutzungssteigerungen meist außerhalb der früheren Hauptnutzungszeiten statt (z.B. tagsüber im Homeoffice) – das ausgetauschte Datenvolumen zu diesen Zeiten steigt also, nicht notwendigerweise jedoch die problematischen Lastspitzen. Die Auswirkungen des um 15-30 Prozent gestiegenen Verkehrsaufkommens können generell gut abgefangen werden: entweder durch vorhandene Reservekapazität (vor der Pandemie durchgeführter Netzausbau) oder die schnelle Schaltung zusätzlicher Kapazität (neuer Netzausbau). Die Forscher konnten beobachten, dass es vielen Netzen innerhalb kürzester Zeit möglich war, zusätzliche Bandbreite zu schalten. Es zeigt sich also, wie wichtig das Vorhalten von Reservekapazität oder das schnelle Reagieren auf geänderte Bedingungen ist.

Dennoch kann es zu Engpässen kommen. Hier zeigt sich, dass die Engpässe weitestgehend lokale Ursachen haben. Zu punktuellen Engpässen zählt u.a. der schlechte Breitbandausbau in manchen Regionen der beispielsweise die Nutzung von Onlinevorlesungen für die betroffenen Studierenden erschwert. Engpässe können auch vereinzelt kurzzeitig auftreten, z.B. Engpässe auf manchen Verbindungsleitungen zwischen Netzen oder Anschlüssen von Firmen.

(Freitag, 11.12.20 - 18:08 Uhr   -   2577 mal angesehen)

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