Wissenschaft und Forschung

Hitze und Trockenheit

Streit um Juli-Rekordwert von 42,6 Grad

Trotz Hitzewelle: Baden-Württemberg war im Juli das niederschlagsreichste Bundesland. Bundesweit gesehen erreichte die Trockenheit laut Deutschem Wetterdienst jedoch "zum Teil katastrophale Ausmaße". Im Monatsschnitt herrschten 19,4 Grad im Ländle. Gleich mehrfach gab es Orte mit über 40 Grad. Meteorologen hinterfragen jedoch den Rekordwert von 42,6 Grad.
Sommersonne

Ähnlich wie im außergewöhnlich heißen Sommer 2018, so rollte auch im letzten Julidrittel 2019 eine große Hitzewelle heran. „Drei Tage in Folge 40 Grad, dabei 25 Mal Höchstwerte von 40 Grad und mehr. Das geht in die meteorologischen Geschichtsbücher ein", sagt Andreas Friedrich, Pressesprecher des Deutschen Wetterdienstes zur heute vorgestellten Juli-Wetterbilanz.

Besonders im Westen Deutschlands brachen reihenweise die bisherigen Rekorde. Mit 42,6 °C wurde dabei in Lingen im Emsland der alte deutsche Spitzenwert um mehr als 2 Grad übertroffen.

Um diesen Wert gibt es Streit: Die Meteorologen von WetterOnline wollen ihn nicht anerkennen. Ihre Begründung: Schaut man sich Bilder der Wetterstation in Lingen an, so fallen dichte Hecken und eine hohe Baumreihe in nächster Nähe zum Thermometer auf. "Der natürliche Bewuchs im nächsten Umfeld der Wetterstation hat in den letzten Jahren derart zugenommen, dass es in puncto 'Belüftung' in Lingen größte Probleme gibt. Die Folge ist, dass sich Hitze dort bei intensiver Sonneneinstrahlung und wenig Wind staut", erklärt Matthias Habel, Meteorologe und Pressesprecher von WetterOnline. "In der Folge werden Extremtemperaturen gemessen, die deutlich von Messungen im Umland abweichen." Niederländische Meteorologen haben dieses Phänomen als "Garteneffekt" bezeichnet. Tatsächlich sticht Lingen sogar regelmäßig dramatisch aus den Messungen umliegender Orte hervor, mehrere Grad Abweichung sind keine Seltenheit. Matthias Habel kommentiert dies mit den Worten: "Die in Lingen gemessenen Spitzenwerte sind für nationale wie internationale Vergleiche einer Hitzewelle schlicht unbrauchbar. Der Fehler kann je nach Wetterlage ein bis drei Grad betragen."

Ansonsten verlief der Juli bei einem deutlichen Niederschlagsdefizit insgesamt sonnenscheinreich. Dies meldet der Deutsche Wetterdienst (DWD) nach ersten Auswertungen der Ergebnisse seiner rund 2000 Messstationen.

18,9 Grad herrschten im Juli durchschnittlich. Durch die Verlagerung des hohen Luftdruckes nach Osteuropa konnte im letzten Juli-Drittel die über Südwesteuropa lagernde Gluthitze nach Deutschland vordringen. Von 1881 bis 2018 wurden in Deutschland insgesamt 10 Mal 40 Grad erreicht oder überschritten, jetzt im Juli 2019 25 Mal in nur 3 Tagen!

Mit rund 55 Litern pro Quadratmeter fehlten dem Juli 31 Prozent zu seinem Soll von 78 l/m². Deutschland befand sich häufig im Einflussbereich von Hochdruckgebieten, die nur an wenigen Tagen Regen oder Gewitter zuließen. Diese brachten örtlich Sturm, Hagel und große Niederschlagsmengen.

In den meisten Gebieten blieb der Juli jedoch deutlich zu trocken. In zahlreichen Orten, verteilt in ganz Deutschland, fiel lediglich ein Viertel oder gar Fünftel des Solls. Angesichts der gnadenlosen Hitze, die dabei zum Monatsende herrschte und dem immer noch vorhandenen großen Niederschlagsdefizit aus dem Vorjahr nahm die Dürre in vielen Gebieten katastrophale Ausmaße an. Die „Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzer" sprach von einer Jahrhundertkatastrophe für die Wälder in Deutschland.

Die Sonnenscheindauer lag im Juli mit etwa 235 Stunden um 13 Prozent über ihrem Soll von 212 Stunden. Am meisten zeigte sich die Sonne im Saarland mit örtlich mehr als 310 Stunden, am wenigsten an der Nordseeküste mit teils unter 170 Stunden.

(Dienstag, 30.07.19 - 14:54 Uhr   -   2148 mal angesehen)

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